Rahmendaten
Kenia ist mit Inkrafttreten der Verfassung von 2010 eine Präsidialrepublik. In dem etwa 55 Mio. Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Vielvölkerstaat leben über 40 ethnische Gruppen und es werden mehr als 50 Sprachen gesprochen. Rund 80% der Bevölkerung sind Christen, etwa 10% Muslime. Das Land ist dezentral aufgebaut und in 47 Counties gegliedert1.
Kenia gilt laut Weltbank als Land mit mittlerem Einkommen im unteren Bereich. Es gehört als größte Volkswirtschaft in Ostafrika zu den wirtschaftlich führenden Staaten in ganz Afrika. Befördert haben dies eine starke Privatwirtschaft, Investitionen in die Infrastruktur, eine wachsende Mittelschicht sowie ein dezentrales Regierungsmodell und ein relativ stabiles politisches System. Bis 2030 will Kenia zu den Ländern mit mittlerem Einkommen im oberen Bereich gehören. Dennoch steht das Land vor zahlreichen Herausforderungen. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Besonders jungen Menschen fehlen Arbeitsplätze. Die Landwirtschaft steuert rund 20 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei und beschäftigt einen Großteil der Bevölkerung. Sie leidet jedoch unter den Folgen des Klimawandels und ist unzureichend modernisiert.2
Weitere entwicklungspolitischen Kennzahlen findet man auf der Seite des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ, Land Kenia)
Das bisherige Schulsystem in Kenia (8-4-4-System)

Aufbau der Bildungsstufen
Das kenianische Bildungssystem existiert in seiner derzeitigen Form seit 1984. Es ist aufgeteilt in eine achtjährige Pflichtschule, vierjährige Sekundarbildung und eine zwei bis über achtjährige tertiäre Bildung.
Die achtjährige Primarschule (Pflichtschule) beginnt für Kinder im Alter von 6 Jahren. Am Ende des achten Schuljahres absolvieren die Schüler/innen eine zentral organisierte Abschlussprüfung und erhalten nach Bestehen das KCPE – Certificate of Primary Education.
Dieses Zertifikat ermöglicht Schüler/innen den Besuch einer weiterführenden Sekundarschule (wenn die Mindestpunktzahl 250 von 500 Punkten erlangt wurde), wobei die staatlichen Schulen eine Selektion anhand des Notendurchschnittes vornehmen. Schüler/innen mit Höchstnoten erhalten Zugang zu nationalen Schulen, andere Schüler/innen haben die Möglichkeit Regionalschulen zu besuchen oder direkt eine berufliche Ausbildung zu beginnen. Etwa 75 Prozent der Schüler/innen mit einem KCPE-Abschluss besuchen weiterführende allgemeinbildende Schulen. Auf diesen können die Schüler/innen nach einer Dauer von 4 Jahren das KCSE – Kenyan Certificate of Secondary Education erwerben, welches den Zugang zur tertiären sowie höheren beruflichen Bildung ermöglicht.
Für den Bereich der Beruflichen Bildung (Vocational Education and Training) ist in Kenia die Technical and Vocational Education and Training Authority (TVETA) zuständig. Weiterhin gibt es zwei zentrale Zertifizierungskörper für Berufsausbildungen: Den Kenya National Education Council (KNEC) und die National Industrial Training Authority (NITA).
Berufliche Erstausbildungsgänge dauern in der Regel 2 Jahre und werden von Vocational Training Centers (VTC) angeboten. Sie richten sich vor allem an Primarschulabgänger/innen. In diesen Zentren sollen Jugendliche praktische Qualifikationen erlangen, meist in den Bereichen Maurerhandwerk, Schreinerei, Schneiderei, Haushaltsführung und Nutztierhaltung. VTCs werden auf Bezirksebene (County) verwaltet. Die zweijährigeAusbildung an einem VTC wird mit einem Zertifikat (Trade Test Certificate) abgeschlossen. Die Prüfung wird von der NITA abgenommen. Es gibt hierbei vier Stufen von Trade Test Certificates: Artisan, Trade Test I, II und III, wobei die Erlangung jedes dieser Zertifikate jeweils sechs Monate in Anspruch nimmt.3
Informationen insbesondere zum tertiären Teil des Bildungssystems mit Zielrichtung Studium gibt’s hier: Berufsbildungssystem Kenia
Die Reformierung des Schulsystems
Kenia führt zum zweiten Mal in seiner Geschichte nach 32 Jahren ein neues Bildungssystem ein, den „Kompetenzbasierten Lehrplan“ (Competency Based Curriculum, CBC). Nach Angaben des „Kenya Institute of Curriculum Development“ wurde eine Bedarfsanalyse vorgenommen mit dem Ergebnis, dass es Defizite und eine unzureichende Differenzierung im Bildungssystem mit Blick auf Berufsfähigkeit und Arbeitsmarktanforderung gibt. Auch die Empfehlungen früherer Bildungskommissionen seit 1964 sollen nun umgesetzt werden. Benchmarks für die Entwicklung und Implementierung des neuen Lehrplans sind Kanada und Israel.
Der „kompetenzbasierte Lehrplan“ (CBC) wird das traditionelle 8-4-4 System ersetzen. Dies bezieht sich auf 8 Jahre Grundschule, 4 Jahre weiterführende Schule und 4 Jahre Universität. Im neuen 2-6-3-3-3-System des CBC werden die Schülerinnen und Schüler 2 Jahre Vorschule, 6 Jahre in der Grundschule (Primary Grade 1-6), 3 Jahre im Sekundarbereich (Lower Secondary Grade 7-9), 3 Jahre im Oberstufenbereich (Senior Secondary Grade 10-12) und 3 Jahre an der Universität verbringen. Der CBC legt den Schwerpunkt auf Kernkompetenzen wie Kommunikation und Zusammenarbeit, kritisches Denken und Problemlösung, Kreativität und Phantasie, Staatsbürgerschaft, digitale Kompetenz, Lernkompetenz und Selbstwirksamkeit. Er soll stärker schülerbezogen ausgerichtet sein und digitale Kompetenzen werden in alle Lernbereiche integriert. Auch das bisherige Notensystem wird verändert. Das neue CBC System wird seit 2019 schrittweise an den Schulen eingeführt, so dass beide Bildungssysteme bis voraussichtlich 2027 parallel bestehen.4
Weitere Besonderheiten
Anders als in Europa beginnt das Schuljahr in Kenia immer im Januar. Es gibt innerhalb des Schuljahres drei Tertiale (Term1 bis Term 3). Zwischen den Terms ist jeweils ein Monat Ferien. Schuljahresende ist immer Ende November.
Die 8-jährige Primary Education ist als Pflichtschule seit 2003 gebührenfrei, die staatlichen Secondary Schools sind dagegen noch meist gebührenpflichtig. Aufgrund der Vielzahl an Schülern sind Klassen mit bis zu 100 Schülern durchaus möglich (Gründe: Etwa 71% aller Menschen in Kenia leben in ohnehin eher schlechter entwickelten ländlichen Regionen und der Anteil der Jugendlichen unter 15 Jahren beträgt in Kenia ca. 37%) . Die Investitionen im Bildungssektor konnten den Entwicklungen kaum folgen und die Qualität des Unterrichts leidet.
Daher gibt es mittlerweile neben den staatlichen Schulen eine Vielzahl privat geführter Einrichtungen, deren Anteil etwa 50% beträgt. Diese Schulen haben in der Regel kleinere Klassen, die Lehrkräfte sind oft besser ausgebildet und bezahlt und in Summe erhöht das den Ausbildungserfolg. Allerdings erhalten die Privatschulen keine staatliche Förderung. Die entstehenden Kosten werden auf das Schulgeld je Term umgelegt. Dies kann jedoch von vielen Familien nicht alleine getragen werden.
Zusätzlich müssen alle Unterrichtsmaterialien sowie die Schuluniformen selbst finanziert werden. Das trifft für Primary wie auch Secondary Schools zu.
- https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/kenia-node/politisches-portraet/208078 ↩︎
- https://www.giz.de/de/weltweit/317.html ↩︎
- https://www.bq-portal.de/db/L%C3%A4nder-und-Berufsprofile/kenia ↩︎
- https://static.daad.de/media/daad_de/pdfs_nicht_barrierefrei/infos-services-fuer-hochschulen/laendersachstaende/expertise-zu-themen-laendern-regionen/kenia_daad_sachstand.pdf ↩︎